Baumärkte entdecken Pop-up-Konzept für sich
Pop-Up-Flächen in Innenstadtlagen sind trotz höherer Quadratmeterpreise bei Baumarkt-Ketten sehr beliebt
Immer mehr Baumarktketten drängen in die deutschen Innenstädte. Auf zumeist nur 100 oder gar 50 Quadratmetern bietet die DIY-Branche dort ein limitiertes Angebot in hippem Ambiente an. Das erklärte Ziel: Kundenfang.
Pop-up-Baumärkte in deutschen Innenstädten
Eine hip gestaltete Ladenfläche mitten in einer deutschen Innenstadt. Perfekt ausgeleuchtet, individuell eingerichtet, ein erkennbares Konzept garniert mit Vorträgen und Produktvorführungen. Klingt für Sie nach einer schicken Boutique für Mode, Autos oder Kunst? Tatsächlich handelt es sich hierbei um Außenstellen von Baumärkten.
Richtig gehört: Baumarktketten wie Obi, Toom und Co. drängen immer mehr in die Innenstädte und kreieren Erlebniswelten, die so gar nichts mit einem schnöden Baumarkt im Industriegebiet gemein haben. Das Konzept der Pop-up-Baumärkte scheint Erfolg zu haben. Laut dem Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten erzielten deutsche Bau- und Heimwerkermärkte im ersten Halbjahr 2019 rund fünf Prozent mehr Umsatz bei stagnierendem Flächenwachstum.
Die Quadratmeterpreise für Shops in Innenstadtlagen sind zwar teurer als in Gewerbegebieten, jedoch beziehen die Baumärkte in Innenstädten deutlich kleinere Flächen, so dass die Gesamtkosten für die temporären Läden trotz höherer Quadratmeterpreise in Stadtzentren insgesamt deutlich niedriger sind. Zudem kann man sich mit einem Baumarkt-Pop-Up-Store in der Innenstadt von der Konkurrenz abheben und die Aufmerksamkeit von „Lead Usern“ und „Influencern“ auf sich ziehen.
Von „Familiy Store“ bis „Urban Gardening“ – die verschiedenen Konzepte der Pop-up-Baumärkte
Beispiele für Pop-up-Baumärkte gibt es mittlerweile viele. Aktuell hat der Schraubenhersteller Würth mitten in Stuttgart einen Pop-up-Store geöffnet. Dort können Sie nicht nur Handwerkerutensilien kaufen, sondern auch „fachfremde“ Dinge wie Alltagskleidung, Sporttaschen, Socken, Regenschirme, Geschirr, Bücher, Kinder-Malsets oder USB-Ladegeräte. Bei diesem breiten Angebot wundert es auch nicht, das Würth diesen Laden selbst als „Family Store“ bezeichnet. Ein Spaß für die ganze Familie also. „Wir möchten die Marke Würth in das Bewusstsein der Endverbraucher rücken“, heißt es vom Unternehmen.
Ein anderes Beispiel ist Hagebau. Die Baumarktkette eröffnete zwischen Mai und August 2019 einen Store in Mülheim an der Ruhr. Auf gerade einmal 50 Quadratmetern konnten Kunden in bester Innenstadtlage Mitnahmeartikel, Auslaufware sowie Werbeware kaufen. Zudem gab es Produktvorführungen, die Lust auf mehr machen sollten. Ein Hagebau-Sprecher sagte damals zu dem Konzept: „Wir glauben, das ist hier kein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-als-auch.“
Ein kleines, aber feines Eldorado für Stadtgärtner und DIY-Fans
Toom eröffnete innerhalb kürzester Zeit gleich zwei Pop-up-Stores, die sich jeweils mit einem bestimmten Thema befassten. Das Konzept von einem Pop-Up-Store kann nämlich durchaus unterschiedlich sein. Gerade die vielfältigen Möglichkeiten, die sich durch temporäre Pop-Up-Stores Unternehmen bieten, haben zum wesentlichen Erfolg von Pop-Up-Shops in den letzten Jahren beigetragen.
So gab es 2019 von Toom im Frankfurter Shopping-Center My Zeil den Store „Stadtbunt bei Toom“ zu bestaunen, der sich der Farbenwelt sowie dem Thema Streichen und Renovieren widmete. In Köln entstand der Pop-up-Store „Stadtgrün bei Toom“, wo es um Urban Gardening ging.
Ebenfalls in Köln ploppte in diesem Jahr der Obi-Store „Create by Obi“ auf. Hier wurde die Kundschaft mit Selbstbau-Sets und Selbstbaumöbeln gelockt. Alles war auf DIY-Anhänger ausgelegt, die auf 250 Quadratmetern Inspirationen zur individuellen Gestaltung des eigenen Zuhauses vermittelt bekamen.
Mit Versuchslaboren auf Kundenfang
Dass Baumärkte in die Innenstädte drängen, geschieht natürlich nicht ohne Grund. Zum einen muss auch die DIY-Branche mit dem Online-Handel konkurrieren. Zum anderen sollen die Pop-up-Stores, die in den Innenstädten als Art Versuchslabore dienen, neue beziehungsweise bisher nur schwer zu erreichende Zielgruppen erreichen.
Vor allem in Städten wie Berlin, Hamburg oder München gibt es mittlerweile viele Kunden, die kein Auto mehr haben. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man aber oft nur schwer in die Industriegebiete, wo die Baumärkte in der Regel stehen. Also müssen die Baummärkte zu den Kunden kommen.
Die junge Zielgruppe kann aber nicht einfach mit demselben Sortiment wie im klassischen Baumarkt abgespeist werden. Nein, dafür braucht es schon etwas Hipperes, Innovativeres. Ein Konzept mit Eventcharakter, wo nicht das Produkt im Vordergrund steht, sondern das Bild und das Gefühl, das eine Marke transportieren will.
Pop-up-Baumärkte können also auch als eine neue Form der Marketingstrategie betrachtet werden. „Unternehmen haben damit die Möglichkeit, ein modernes, innovatives Image zu transportieren“, sagt Sascha Alavi, Marketingforscher von der Ruhr-Universität Bochum. Es gibt aber eine Einschränkung: „Das Geschäftsmodell ist allerdings begrenzt auf große, finanzstarke Unternehmen, die von einer hohen Markenbekanntheit stark profitieren würden.“