Second-Second-Hand
Wie Altkleider aus Togo in Paris Karriere machen
Altkleider, die von Europa nach Togo gekommen sind, finden ihren Weg immer mehr zurück auf das europäische Festland; genau gesagt nach Paris – der Modemetropole schlechthin.
Mode aus dritter oder vierter Hand

Amah Ayivi hat einen besonderen Job. Er verkauft Kleider in Paris. Aber keine Designer-Fummel, die er an reiche Kundschaft abtritt, sondern Altkleider aus Togo. Vor Togo wurden die Sachen in Europa als Altkleider weggegeben. In einem kleinen Laden im Pariser Stadtviertel Marais verkauft Amah seine Second-Second-Hand-Mode.
„Es stört mich überhaupt nicht, dass den schon mal jemand getragen hat. Wenn mir etwas gefällt, dann ziehe ich es an und frage mich nicht, wo es herkommt", erklärt er mit einem Blick auf den grauen, weiten Kittel, den er trägt.
Kleidung mit Vergangenheit

In seinem Geschäft bietet Amah Kleidung an, die eine Geschichte und eine zum Teil ungewöhnliche Reise hinter sich hat. Ein Großteil der Kleidung sind Altkleider aus Europa, die nach Afrika verkauft wurden. Amah hat einige Stücke davon in Togos Hauptstadt Lomé wieder zurückgekauft, um sie in Paris für ein Vielfaches der Ablöse an den trendbewussten Franzosen zu bringen.
„Das ist echtes Recycling“, erklärt der Pariser Modehändler mit afrikanischen Wurzeln lächelnd. In seiner neusten „Kollektion“ finden sich die unterschiedlichsten Kleidungsstücke. Von einem schwarzen Polyester-Hausmantel mit bunten Blumen bis hin zu einem hellblau und beige gemusterten Kunstfaserkleid mit Spitzkragen ist so ziemlich alles dabei – Hauptsache aber nicht langweilig. „Dazu kann man Clogs oder Cowboystiefel anziehen, das lässt sich wunderbar kombinieren“, so Amah und führt weiter aus: „Ich mag Vintage, weil es Einzelstücke sind. Das findet man nicht überall. Und man kann seinen persönlichen Touch hinzufügen, durch Schmuckstücke zum Beispiel.“
Der Traum vom eigenen Laden
Doch wie kam Amah Ayivi eigentlich auf diese Idee? Aufgewachsen ist er in Togo. Mit zwölf Jahren kam er nach Paris, dort arbeitete er mehrere Jahre lang als Model und Stylist. Doch sein großer Traum war es, ein eigenes Modegeschäft zu eröffnen.
„Ich wusste, dass es in Lomé einen großen Altkleidermarkt gab, weil ich dort schon ein paar Sachen gekauft hatte. Deswegen bin ich mal hingefahren, um mich umzuschauen – und ich bin direkt mit 500 Kilo zurückgekommen“, berichtet Amah.
Pop-up-Stores und Showrooms bei Modeevents
Mittlerweile beschäftigt Amah in Lomé sogar mehrere Mitarbeiter. Diese suchen nach Kleidung, die sich auf dem europäischen Markt verkaufen lässt, lassen diese vor Ort waschen und gegebenenfalls ausbessern. Dann kommt die Kleidung nach Paris, wo sie entweder in Amahs kleinem Laden in Marais oder in Showrooms und Pop-up-Stores verkauft werden – zum Beispiel während der Pariser Fashion Week.
Wer jetzt glaubt, Amahs Kundschaft besteht hauptsächlich aus Menschen mit einem großen ökologischen Bewusstsein, irrt. „Bei mir kaufen auch oft Designer, die sich Details inspirieren lassen“, sagt Amah stolz. Und stolz kann er sein, auf seinen kleinen Laden und auf sein Konzept, den Europäern ihre alten getragenen Kleider als hippe Vintage-Mode neu zu verkaufen.